Aus aktuellem Anlass wollte ich mich mal wieder zu Wort melden.
In den letzten Jahren sind die Publisher von PC-Spielen nicht müde geworden, neue Kopierschutzverfahren auf die Kunden loszulassen. Alles unter dem Deckmantel, gegen Raubkopieen vorzugehen.
Da es immer noch Leute gibt, die gegen einen onlinebezogenen Kopierschutz nichts auszusetzen haben, wollte ich hier mal einige Argumente der Befürworter entkräften. Und vielleicht überlegt es sich der ein oder andere ja doch, ob er sich so ein Spiel zulegen mag.
Man hat wohl schon gemerkt, dass ich diese neuen Kopierschutzmaßnahmen der Publisher nicht wirklich gutheiße, es kann also durchaus Polemik oder Sarkasmus in diesem Beitrag drin vorkommen.
Also, dann mal los:
1. Punkt: Warum überhaupt sowas implementieren?
Seitens der Publisher wird ja sehr gerne angeführt, damit die steigende Zahl der Raubkopien eindämmen zu wollen. Ich persönlich habe da ja eine etwas andere Meinung. Mit einer Onlineaktivierung wird ein Spiel für den Gebrauchtmarkt praktisch wertlos. Wer kauft schon ein Spiel gebraucht, um dann die Meldung zu sehen: „Es tut uns leid, aber alle Aktivierungen wurden schon verbraucht“.
Oder eine Meldung, dass das Spiel schon registriert wurde und nur mit dem entsprechenden Onlineaccount spielbar ist. Den der Verkäufer leider vergessen hat, mitzuschicken…
Also, aus meiner Sicht wollen die Publisher mit einem Onlinekopierschutz nur den Gebrauchtmarkt trockenlegen.
Dies wurde auch schon vom EA Chef erwähnt.
2. Punkt:
Effektivität
Egal wohin man in der inzwischen ca. 30jährigen Geschichte der Computerspiele blickt, kopiert wurde schon immer. Natürlich haben die Spielehersteller versucht, dagegen anzugehen, aber bis jetzt ist ausnahmslos JEDER Kopierschutz geknackt worden. Bei den meisten dauerte es nur wenige Tage, der einzige Kopierschutz, der relativ lange ungeknackt blieb, ist meines Wissens nach Starforce. Dieser gräbt sich aber so tief ins System ein, dass er unter moderneren Betriebssystemen wie Vista erst aktualisiert werden muss, bevor man spielen kann.
Ein Bekannter von mir hat ähnliche Erfahrungen mit Spellforce 1 gemacht. Das Spiel an sich käme mit Windows 7 klar, der Kopierschutz aber nicht. Er musste einen Crack installieren, um sein gekauftes Spiel nutzen zu können. Kundenzufriedenheit stell ich mir anders vor.
Punkt 3:
Onlineaktivierungen
Ein recht neuer Weg, die Spiele vor dem Kopieren zu schützen. Man muss sich online beim Publisher registrieren, um sein Spiel nutzen zu können. Manchmal kann mal das Spiel so oft registrieren, wie man will, manchmal nur 3 mal, ohne Garantie auf weitere Freischaltung. Bei dem neuen Kopierschutz von UbiSoft muss man gar ständig online sein, auch, wenn das Spiel das gar nicht erfordert (Singleplayer).
Dies birgt vor allem für Sammler wie mich ein unkalkulierbares Risiko: wie lange wird das Spiel spielbar bleibem? Ich grabe gerne alte Spiele aus und spiele sie nochmal durch. Tomb Raider 1 zum Beispiel. Das Spiel ist inzwischen fast 15 Jahre alt. Wer garantiert mir denn, dass ich onlineaktivierungspflichtige Spiele in 15 Jahren noch spielen kann?
Da haben die Publisher natürlich eine Lösung parat: Wenn der Publisher pleite gehen sollte, wird ein Patch veröffentlicht, der den Schutz rauspatcht. Hört sich erstmal gut an, aber kurz drüber nachgedacht fallen einem ein paar Szenarios ein:
Nummer 1: Der Patch existiert schon.
Vorteil: Die Aussage kann eingehalten werden, im Falle eines Falles können die Käufer weiter spielen.
Nachteil: Der Käufer hat trotzdem erstmal ein DRM Spiel zu Hause und ist für die Aufbewahrung des Patches selbst verantwortlich. Geht der Rohling oder die Platte kaputt, muss man wieder ins Internet. Und ob sich dort noch Patches für alte Spiele finden lassen, sei mal dahingestellt.
Das größte Risiko wäre aus Publishersicht aber in der heutigen Zeit zu sehen. Wenn der Patch schon existiert, braucht es nur einen unzufriedenen Mitarbeiter, der diesen verbreitet, schon ist der Kopierschutz für die Katz. Aus dem Grund denke ich, ist Szenario Nummer 2 wahrscheinlicher.
Nummer 2:
Der Patch existiert noch nicht.
Vorteil: Auf Seiten des Publishers auf jeden Fall, denn da wo nichts ist, kann auch nichts geleakt werden.
Der große Nachteil ist allerdings, wenn die Firma wirklich pleite geht, muss innerhalb kürzester Zeit für alle Spiele mit diesem Kopierschutz ein Patch geschrieben werden. Wer schonmal programmiert hat wird erahnen können, wie groß der Aufwand sein dürfte, in Jahre altem Code herumzupatchen, den man vielleicht noch nichtmal selber geschrieben hat. Und der Patch muss auf Anhieb laufen, großartig nachpatchen ist nicht. Eine Veröffentlichung könnte auch schwierig werden, wo bekommt eine insolvente Firma noch Server + Anbindung her?
Also, ich denke eher das ist ein leeres Versprechen, um die Kritiker zu beruhigen.
Um das Thema fürs erste zum Abschluss zu bringen noch ein Beispiel, wie übertriebenes DRM für den Publisher zum Bumerang werden kann: Die Server von den neuen Spielen Silent Hunter 5 und Assassins Creed 2 wurden das letzte Wochenende und auch gestern heftig attackiert, so dass Käufer sich nicht anmelden und damit nicht spielen konnten. Die Kopien betraf das Problem natürlich nicht…
Danke für diesen Beitrag, schade daß dies nicht einer grösseren Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann. Dieser Beitrag sollte das Editorial von Computerspiele Zeitschriften zieren. Diese Problematik wird von den meisten Leuten verdrängt und von der Industrie totgeschwiegen.